Mare Kaffee, Produktion, Wissen
Ein Jahr im Leben eines Kaffeebaums
Wie viele Kaffeeernten gibt es eigentlich im Jahr? Oder wird Kaffee überhaupt jedes Jahr geerntet?
Für alle ganz Neugierigen: Kaffee wird in der Regel einmal im Jahr geerntet. Ausnahmen bestätigen hier allerdings die Regel, doch dazu später mehr…
Wir beginnen das Jahr im Leben eines Kaffeebaums zum Zeitpunkt direkt nach der Ernte.
Zu diesem Zeitpunkt fühlt sich der Kaffeebaum erstmal nur eins: erschöpft! Die Mütter unter unseren Leserinnen dürften sich an die Tage nach der Geburt ihres Kindes erinnern…
Der Baum kann nun jede Menge Pflege gebrauchen. Ein guter Kaffeebauer weiß das und bewässert den Kaffeebaum nun, falls es nicht genug Regen gibt. Außerdem freut sich der Kaffeebaum, wenn er sich der kranken, blattlosen oder zu langen Äste entledigen darf. Der Kaffeebauer ist ihm hierbei behilflich und kommt mit der Heckenschere vorbei.
Außerdem kann der Kaffeebaum nun jede Menge Nährstoffe gebrauchen, um wieder zu voller Stärke zu kommen. Hierfür verwenden manche Bauern chemische Dünger (für alle die es genau wissen wollen: In Kenia ist eine Zusammensetzung aus NPK 22:6:12 + TE beliebt), in jedem Fall verwenden aber alle Bauern, das überschüssige Kaffeekirschenfruchtfleisch aus der gerade abgeschlossenen Ernte und verteilen es rund um den Baumstamm.
Gut einen Monat nach der Ernte fühlt sich der Baum wieder richtig stark. Das muss er auch, denn wie es in Europa Jahreszeiten gibt, so treten in den Tropen – also dort wo Kaffee wächst – Regen- und Trockenzeiten auf. Die nun beginnende Trockenzeit stresst den Baum von Tag zu Tag mehr. Nach einigen Wochen erreicht der Kaffeebaum mit seinen sehr langen Wurzeln nur noch am tiefsten Punkt das Grundwasser. Nach einer Weile hängen die Blätter und der Kaffeebaum sieht sehr, sehr kümmerlich aus. Nach zig Wochen ist es dringend an der Zeit, dass es endlich regnet.
Und dann kommt er, der Regen – und sowas von. In der Regel nieselt es in den Tropen nicht, sondern es schüttet, wie aus Kübeln. Alle Saunagänger unter unseren Lesern/innen, kennen sicher den Moment der eiskalten Dusche…
Der Kaffeebaum erlebt die ersten Tage des Regens, wie einen Schimmer Hoffnung. Es treibt im Kaffeebaum sofort den Wachstum von Kaffeeblüten an. Der Kaffeebaum denkt sich nämlich insgeheim „Wer weiß, ob nicht die nächste Dürre vor der Tür steht. Ich bin zu schwach dafür, aber ich versuche noch meine Gene in Form von Kaffeesamen (ja, das sind unsere Kaffeebohnen) weiterzugeben.“
Also wandeln sich die Kaffeefelder in herrliche, weiße Blütenmeere, die die Tropen aussehen lassen, als hätte es gerade geschneit.
Nach wenigen Tagen ist der Zauber auch schon vorbei, die Blüten fallen ab und zurück bleibt eine etwa stecknadelgroße, grüne Perle. Diese Perle entwickelt sich über den Verlauf der Regenzeit zu einer recht ausgewachsenen, grünen, harten Kaffeekirsche.
Doch nun der nächste Schock, schon wieder Trockenzeit… Der Kaffeebaum kämpft und kämpft und je besser er das tut, desto besser schmeckt später der Kaffee. Hierbei spielt der Kaffeebauer eine ganz zentrale Rolle, denn der Kaffeebauer muss den Baum nun wässern, düngen und vor Ungeziefer schützen. Es ist also nicht nur der Kaffeebaum, sondern insbesondere auch der Kaffeebauer, der für eine gute Erntequalität verantwortlich.
Am Ende der Trockenzeit haben die Kaffeekirschen ihre endgültige Grüße erreicht. Selbstverständlich sind die Kaffeekirschen und somit die darin liegenden Kaffeebohnen je größer, desto mehr Pflege sie bis hier her erhalten haben.
Sobald der erste Regen kommt, beginnt der Endspurt für den Kaffeebaum. Nun nichts wie los und die Kaffeekirschen reif werden lassen. Schließlich „denkt“ sich der Kaffeebaum, der Regen könnte jederzeit wieder vorbei sein und die Kaffeekirschen bekämen keinen feuchten Erdboden für das Heranwachsen. Nach einigen Tagen bis wenigen Wochen sind die Kaffeekirschen knallrot.
Und nun kommt die Wichtigkeit des Kaffeebauern wieder ins Spiel, denn schließlich muss er nun dringend ernten und zwar nur die reifen Kirschen. Je besser der Kaffeebauer auf die Ernte vorbereitet ist und sich mit Erntehelfern, funktionierenden Schälmaschinen und Reinigungsbecken ausgestattet hat, desto besser wird seine Kaffeeernte auch schmecken.
Der Kaffeebaum ist also nach einigen Tagen bis wenigen Wochen seine Kaffeekirschen los und fühlt sich erstmal nur eins: erschöpft!
Das Jahr im Leben eines Kaffeebaums endet hier. Wie zu vermuten ist, dauern Regen- und Trockenzeit jeweils etwa drei Monate. Dies kann aber auch von Land zu Land schwanken. In den meisten Ländern sind diese Perioden nicht ganz so exakt getaktet und dazu kommt eine leichte Jahreszeiten-Saisonalität mit ins Jahresgeschehen, die an unsere Jahreszeiten erinnert. Das heißt es ist in der einen Jahreshälfte wesentlich wärmer als in der anderen.
In manchen Kaffeeländern sind die Regen- und Trockenzeiten aber so homogen getaktet, dass der Kaffeebaum die Wahl zwischen zwei Zeitpunkten im Jahr hat, um unser oben beschriebenes Kaffeejahr zu beginnen. Meist sind die Mehrheit der Kaffeebäume in diesen Ländern auf einen Hauptrhythmus (den optimaleren) eingestellt und die Minderheit der Kaffeebäume läuft entgegengesetzt.
Die Kaffeebauern, die den Anbau sehr ernst nehmen, versuchen solche gegenläufigen Kaffeeernten zu fördern, da sie so anteilig zwei Mal im Jahr Kaffee ernten können, dies Ihre finanzielle Liquidität verbessert, sowie sie vor Ernte-Totalausfällen durch Unwetter oder Ähnlichem besser schützt.
Die beiden typischen Ländern mit zwei Ernten sind Kenia (fly crop und main crop) und Kolumbien (mitaca und main crop). In Ansätzen kann man diese Erntezyklen auch in Uganda und Teilen Indonesiens beobachten.
Nun heißt es aber genug von dem Leben des Kaffeebaums und ab in die Kaffeeküche und Kaffee genießen!
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